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Ich bin reif für die Insel. Die Zeitinsel.

In unserer hektischen und oft durchgetakteten Zeit, in der sogar unsere Kinder durch Termin- und Schulstress  kaum  Zeit zum Luftholen haben,  die Arbeitsdichte uns kaum noch Zeit läßt für (echte) soziale Kontakte – da stehen wir vor der Wahl, wenn es denn eine ist… Streß-Krank  oder Auszeit und ab auf die Zeitinsel.

Doch: wie?

Kennen Sie noch Fusi, den Friseur aus dem Buch Momo von Michael Ende?

Er ging jeden Tag nach Feierabend auf seinen Balkon um nichts zu tun… Er schaute in die Ferne, ließ innerlich den Tag Revue passieren… verschnaufte und kam zur Ruhe.

Was hindert uns, gleiches zu tun? Täglich. Und seien es nur fünf Minuten, die wir uns nehmen. Fünf Minuten für uns und unsere innere Ruhe.

Egal wo: auf dem Balkon, der Terrasse, vor dem Fenster, im Park, beim Spazierengehen…

Aber nicht egal wie, sondern: Kein Smartphone, kein Tablett, keine To-Do-Listen. Nur Sie, wie er, allein mit sich selbst.

Die Belohnung: innere Stabilität, Ausgeglichenheit, wieder sich zu selbst kommen. Ganz abgesehen von möglichem  gesundheitlichen Nebeneffekt: Blutdruck sinkt, Kopfschmerzen gehen, Stresshormone verschwinden….

Das wäre schon eine erste Möglichkeit für eine tägliche kleine, feine Zeitinsel.

 

Eine etwas andere Möglichkeit um aus dem Alltag herauszutreten finden wir – mal wieder – bei unseren Vorfahren.

Sie hatten acht Feste im Jahreskreis. Acht „Zeitinseln“ die sie, mal allein, mal in der Gruppe, besuchten um dort innezuhalten, über sich nachzudenken – und das Leben zu feiern.

 Philip Carr-Gomm schreibt darüber in seinem Buch Die Weisheit der Druiden: „ So hilft uns die Wertschätzung und das Feiern dieser acht Festzeiten, den Rhythmus unseres persönlichen Lebens auf den Rhythmus des Kosmos und der Natur einzustellen. Damit entwickeln wir zunehmend ein Gefühl inneren Friedens und ein Gespür für unseren Platz in der Welt und im Leben.“

Der Jahreskreis war für unsere Vorfahren also gleichbedeutend mit dem Lebenskreis des Menschen. Sie verglichen die vier Jahreszeiten mit den Entwicklungphasen eines Menschen in dessen Lebenslauf und sie nahmen sich dafür je Jahreszeit zwei Festtage.

So traten sie dann bewusst alle sechs Wochen aus dem Alltag heraus und zelebrierten das jeweilige Jahresfest, mal fröhlich, mal nachdenklich, mal in einer Mischung aus beidem.

Ein Beispiel:

21.03.- Alban Eiler, die Tag- und Nachtgleiche, Ostern

Egal wie alt wir sind, im Frühjahr haben wir verstärkt Kontakt zu unserem inneren Kind. Unsere Themen sind Mut, Selbstvertrauen und –sicherheit und spirituelle Kraft.

So, wie Tag und Nacht im Gleichklang sind, so möchten auch wir durch innere Balance im Gleichklang sein.

Doch starke Energien umgeben uns. Das Jahr beginnt zu leben, wir beginnen zu leben. Es ist Frühling…

Im Jahreskreis steht dieser Abschnitt für das Kind von 7 bis 14 Jahren. Stürmisch, doch unsicher, so neugierig wie wechselhaft.

Was von dem, was in den ersten Jahren erlernt wurde, wird ins Erwachsenenalter mitgenommen? Was ist gut, was nicht? Was bringt davon bringt innere Balance und damit Sicherheit?

Zeremoniell wurde/wird zu dieser Zeit die Saat für die zukünftige Ernte gesegnet; auch wir können unsere Ideen und/oder Arbeit für dieses Jahr segnen. Es gibt Kraft und Selbstsicherheit.

Nehmen wir dafür den göttlichen Segen der Elemente dankbar an: den lebenspendenden Atem der Luft, die wohltuende Wärme der Sonne, der Feuchtigkeit des Wassers und die  nahrhafte Erde. So wie die Saat zum Gedeihen alle vier Elemente braucht, so brauchen auch wir für unsere Vorhaben diese vier Geschenke der Natur.

Ganz bewusst aus dem Alltag heraustreten, an sich selbst denken, sich selbst segnen. Allein oder mit seinen Liebsten sein. Freude haben. Freude feiern.

Im Außen durch zeichnen oder basteln der Elementesymbole, durch entsprechende Dekoration der Wohnung, durch Spiel und Spaß – im Inneren in bewusster Verbindung mit Momenten der Meditation und Besinnung.

Außen und Innen im Einklang. In einem Klang gemeinsam schwingend.

Rilke sagt dazu:

Du mußt das Leben nicht verstehen,
dann wird es werden wie ein Fest.
Und laß dir jeden Tag geschehen,
 so wie ein Kind im Weitergehen
von jedem Wehen
sich viele Blüten schenken läßt.

 

Sie aufzusammeln und zu sparen,
das kommt dem Kind nicht in den Sinn.
Es löst sie leise aus den Haaren,
drin sie so gern gefangen waren,
 und hält den lieben jungen Jahren
nach neuen seine Hände hin.

Deshalb bitte, nicht mit dem Verstand feiern; man sieht eh nur mit dem Herzen gut.

Deshalb die Frage: Haben Sie es bemerkt – war Fusi auf seinem Balkon wirklich allein? Oder hat er sich mit der Luft um ihn herum, dem Wasser in den Wolken, der Erde unter ihm und dem Feuer der Abendsonne über ihm verbunden…und so die Geschenke der vier Elemente genossen?

Der Kreis des Jahres:

21.12: Es  wird das Licht des Jahres aus der Dunkelheit  neu geboren; das Menschenkind wird aus dem dunklen Mutterschoss in das Licht geboren.

01.02., Imbolc; Frühe Kindheit. Die Leben beginnt sich zu regen. Erste Schritte.

21.3., Alban Eiler; Jugend. Aufnehmen von Kraft in der Natur und beim Menschen. Aufnehmen von Wissen und Weisheit.

01.05., Beltane; junge Erwachsene. Aufbruch, Wir beginnen unser eigenes Leben

21.06., Alban Heruin/Sommer; höchste Kraft der Sonne und des Menschen,Mitte desLeben.

01.08., Litha, erste Ernte, der Früchte der Natur und/oder unserer Arbeit

21.9., Alban Elued, Erntefest, es ist Zeit die Früchte der Arbeit zu genießen, das Jahr neigt sich, so auch das Leben des Menschen

31.10., Samhain, Jahresende; Lebensende; Fragen: habe ich es geschafft, habe ich gefehlt? Welche Erfahrung lohnt sich in das nächste Jahr/ ins nächste Leben mitgenommen zu werden?

Denn in jedem Ende ist ein Anfang.

 

„Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.“

Hermann Hesse

 

So boten die Jahreskreisfeste feststehende Zeitinseln im Jahreslauf. Inseln, um aus dem Stress herauszukommen, innezuhalten und um gestärkt wieder in das alltägliche Leben zurückzukehren.

Schaffen auch wir wieder unsere Zeitinseln; sei es allein auf einem Balkon oder in Gesellschaft bei einem Jahreskreisfest.

Schenken wir uns Ruhe, schenken wir uns Freude, schenken wir uns unsere eigene, liebenswerte Lebenszeit.

Wer weiß, vielleicht auch bei einem Jahreskreisfest in meiner Praxis.  Ich würde mich freuen.